Sonntag, 6. Oktober 2013

Gehirnwäsche?

Wer kein Blut nimmt kommt ins Paradies

Ein krebskranker Junge braucht Blut. Als Zeuge Jehovas klagt er dagegen - und verliert den Prozess. Das australische Gericht entscheidet, dass er sich gegen Bluttransfusionen erst wehren könne, wenn er 18 Jahre alt ist. Der Junge fürchtet um sein Verhältnis zu Gott.

Warum verhält sich der Junge so? Die Antwort ist einfach: Er gehört zu einer Sekte, die ihren Mitgliedern erzählt, dass sie schon bald im Paradies leben werden, wenn sie sich an die Vorschriften halten. Die Vorschriften wechseln zwar gelegentlich - aber das vergessen die Zeugen Jehovas beim Schaufensterbummel der wunderbaren Zukunft, die ewig dauert - und für den krebskranken Jungen gilt laut Lehre der Zeugen Jehovas: Stirbt er, weil er Bluttransfusionen verweigert hat, ist ihm ein Platz im Paradies sicher.

Wer als Mitglied daran zweifelt, wird ausgeschlossen. Wer als Beobachter daran Kritik übt, muss mit Klagen rechnen. Kommt es zum Prozess, bestreitet die Wachtturmgesellschaft (WTG) als Lehrmeisterin der Zeugen Jehovas notfalls die eigene Lehre. Jede gewonnene juristische Auseinandersetzung dient nach WTG-Auffassung dem Erhalt der Organisation, die im Auftrag Gottes handelt. Dennoch hat die Wachtturmgesellschaft 1946 behauptet: "Gott bleibt wahrhaftig". Gott würde vor Gericht also nicht lügen.

Wie aber bringt man Menschen so weit, dass sie ihr Leben auf dieser Erde notfalls wegwerfen würden? Man muss sie dazu bringen, dass sie das, was sie haben, gegen etwas Besseres eintauschen wollen. Für diesen Tausch muss man sie über andere erheben und Bisheriges in Frage stellen.

Das Dilemma ist jedoch: Hat man sich erst über andere erheben lassen, wächst der Druck, der auf einem lastet. Denn wenn man den Ansprüchen, die erst fremde und dann eigene sind, nicht genügt, droht der Absturz, der unbedingt vermieden werden muss. Also klammert man sich an die Versprechen. Die Probe aufs Exempel kann niemand machen.

Gleichzeitig wächst die Kluft zur Welt außerhalb der Sekte. Bis beide Seiten aneinander vorbeireden. Man findet die Worte nicht mehr - oder nur sehr schwer wieder. Weiß ich aus Erfahrung. Da sitzt ein Kind neben mir, das aus einem neuapostolischen Elternhaus stammt. Vor diesem Kind liegt ein Heft mit Fragen und mehreren Antwortmöglichkeiten. Eine Frage lautet "Wie viele Apostel kennst du?" Eine Antwort ist bereits vorgegeben. Hör mal, sage ich, das ist kein Apostel und der steht auch nicht in der Bibel. Wie heißen denn die aus der Bibel?, will das Kind wissen. Hätte das Kind nicht auch fragen müssen: Warum ist das kein Apostel?

Zweites Beispiel: Ein Zeuge Jehovas, der eine Versammlung leitet, kommt in die Redaktion und beklagt sich darüber, dass ich in einem Artikel über seine Sekte aus Schriften der Wachtturmgesellschaft zitiert habe. Dass diese Zitate falsch sind, behauptet er gar nicht. Ihn stört die Veröffentlichung blutrünstiger Passagen. Die könne ihm schaden, denn er sei im Ort ein anerkannter Unternehmer. Sie wollen geheim halten, was Sie glauben?, frage ich ihn.

Letzte Szene: An der anderen Seite des Tisches sitzt eine atemberaubende Schönheit. Wir plaudern miteinander, unter dem Tisch streichelt sie meine Beine mit ihren nackten Füßen. Ich genieße diesen erotischen Augenblick, bis sie mir einen Schock versetzt. Sie gehöre zu einer Kirche, sagt sie, in der Sex vor der Ehe Sünde sei. Doch die werde ihr jeden Sonntag in der Kirche vergeben. Sie müsse nur bereuen. Das mache sie jede Woche so - und ihr Fenster zu ihrem Zimmer stehe dieses Mal für mich offen. In diesem Augenblick macht meine Lust auf sie eine Bruchlandung.







4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

und das im 21. jahrhundert...

Anonym hat gesagt…

diese sekten machen die menschen krank. mir tut der junge leid. er ist in einem verblendeten systrem aufgewachsen.

Anonym hat gesagt…

die menschen werden mit falschen versprechen geködert - einige ködern sich sogar selbst...

Anonym hat gesagt…

eine gute analyse